Meinung “x an y“
Wertschätzung auf Augenhöhe
Aber halt: Viele Männer bewerten das Ende traditioneller Rollen ebenfalls als befreiend und als Gewinn für die Gesellschaft. Doch oft beschleichen mich zwiespältige Gefühle, wenn es um öffentliche Wertschätzung von Männern für kritische Frauen geht. Schnell empfinde ich das als nicht genug oder als peinlich zu viel.Mit obrigkeitlicher Prägung verfestigt Lob auch Vormachtstellungen. Erwachsene loben Kinder, Lehrer Schüler, Meisterinnen Lehrlinge. Schon, dass von denen, die „oben“ sind, in besonderer Weise Anerkennung erhofft wird, spiegelt das Machtverhältnis. Sollen wir deswegen aufhören, Wertschätzung zu zeigen oder solche zu erwarten?
Bei der 60-Jahr-Feier der Katholischen Frauenbewegung hatte keiner der Bischöfe die Zeit, beim Festakt seine Anerkennung persönlich zu bekunden. Dafür war die Politik durch vier höchstrangige Frauen vertreten. Spüren die Bischöfe, wie heikel es ist, als Männer die Bemühungen von frauenbewegten Frauen zu loben? Hochrangige Politiker waren beim Fest auch keine da. Die Politikerinnen konnten die kfb-Frauen wohl auch mehr als Verbündete sehen ...
Dennoch halte ich gegenseitige Wertschätzung auf Augenhöhe für möglich. Nur: Die passende Höhe zu finden und zu wahren – erst recht in hierarchischen Strukturen –, das ist für Frauen wie für Männer nicht leicht. Vielleicht hilft das beharrliche Bemühen um Augenkontakt – egal von welcher Position aus – und um möglichst ehrliche und barmherzige Blicke aufeinander (und auf uns selbst). Anerkennung beginnt damit, genau zu schauen bzw. wirklich gesehen zu werden.
Autorin: Veronika Prüller-Jagenteufel, Pastoraltheologin und Lebensberaterin
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