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Adrenalin und Action in der Steinzeit

Bis an die körperlichen Grenzen

Das Leben in der Steinzeit war kein Honigschlecken. Da ein Höhlenbär im Gebüsch, dort ein Fremdling menschlicher Herkunft am Fluss - man musste ständig darauf gefasst sein, in der nächsten Sekunde mit seinem Lebensfilm konfrontiert zu werden, der kurz vorm Ableben in rasanter Geschwindigkeit vor einem ablaufen soll.
Bis an die körperlichen Grenzen -
Adrenalin und Action - (c) difught - Fotolia.com

Ein Hormoncocktail, der Action Heroes erschafft

Um nicht in den Club der allzu früh verstorbenen aufgenommen zu werden, wurde der urmenschliche Körper mit einer besonderen Gabe beschenkt - einem Programm, dass in brenzligen Situationen zu körperlichen Höchstleistungen führt - und das ganz automatisch, wie von Zauberhand.

Stress gilt als eine natürliche Reaktion des Körpers. Wir erkennen eine Bedrohung und innerhalb kürzester Zeit durchfließt uns ein Cocktail aus Stresshormonen, zu deren prominentesten Vertretern wohl das Adrenalin gehört. Andere sind etwa Dopamin oder Noradrenalin und zudem wird die Freisetzung von Cortisol aus der Nebennierenrinde angeregt.

Ganz plötzlich werden Prozesse in Gang gesetzt, die uns helfen sollen, die Gefahrensituationen in den Griff zu bekommen: das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, die Atmung wird rascher, der Blutzuckerspiegel steigt. All dies soll dazu beitragen, das Reaktionsvermögen auf einen Spitzenwert zu treiben. Denn jetzt sind nur zwei Reaktionen wirklich angebracht: Kampf oder Flucht. Doch egal wofür man sich letztendlich entscheidet, in beiden Fällen wird die geistige und physische Leistungsfähigkeit des Körpers für eine kurze Zeitspanne in eine beachtliche Höhe geschraubt. Die Energiereserve-Kammer wird wildest geplündert um ein Weiterleben zu ermöglichen.

Die akut lebensrettende Funktion von Adrenalin zeigt sich heute noch in der Notfallmedizin. Neben der Steigerung des Blutdrucks und der Erweiterung der Bronchien und Pupillen entscheidet vor allem bei Herzstillstand, bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung oder bei einem Kreislaufschock die Adrenalinverabreichung über Leben und Tod. Auch Asthma Bronchiale kann mit diesem Stresshormon auf den Pelz gerückt werden.

Ein Erbe als Fossil, überrannt von der Zeit

Auch heute noch tragen wir dieses steinzeitliche Erbe in uns. Mit einem Unterschied - die Zeiten sind gemächlicher geworden. Höhlenbären sind ausgestorben und Feinde wollen uns in den meisten Fällen nicht mehr sofort aktiv ins Jenseits befördern.
Der moderne Mensch verspürt aber selbst dann Stress, wenn er keiner physischen Bedrohung ausgesetzt ist. Mit folgendem Resultat: Das Notfallprogramm läuft im Leerlauf, die versammelte Energie wird nicht abgebaut - und das ist auf die Dauer alles andere als gesund, kann mitunter sogar tödliche Folgen mit sich bringen. Weil heute immer öfter die Ruhepausen zum Regenerieren fehlen, wird Dauerstress zunehmend als schwerwiegende Krankheit der modernen Zivilisation angesehen.

Auf der Jagd nach dem Adrenalinrausch

Doch der moderne Mensch weist regelrecht ein Bedürfnis nach Stress auf. Neben einem schlechten Gewissen beim „Nichtstun” ist es vor allem auch die Sucht nach dem Kick, die uns ein geruhsames Leben ironischer Weise völlig unnatürlich erscheinen lässt. Was in der Steinzeit unter die Rubrik Notwendigkeit fiel, ist heute ein Hobby oder Sport.

Beispiel gefällig? - Apnoetauchen. Tauchen pur. Ohne Sauerstoffflasche, nur pure Atemluft und ein Adrenalinrausch, der auch Zusehern den Atem raubt. Apnoe - der „Atemstillstand” - war in früheren Zeiten die einzige Möglichkeit, die Früchte des Meeres aus tiefster Tiefe zu pflücken - Muscheln und Perlen etwa. Heute gehen Extremsportler an ihre körperlichen Grenzen auf der Jagd nach dem Rekord. Nicht ungefährlich aber wenn der Actionheld in uns ruft...

Brüllende Motoren für die Könige der Straße

Die Statistiken pfeifen es von den Dächern: im Straßenverkehr ist der Mann weitaus riskanter unterwegs als die Frau. Geschwindigkeitsrausch ist hier kein Fremdwort, männliche, kompetitive Rivalität drückt sich in immer stärkeren und schnelleren Autos aus.
Einer Studie des Wiener Kuratoriums für Verkehrssicherheit zufolge, sind männliche Autofahrer härter am Limit unterwegs als ihre weiblichen Gegenparts. Demnach landen Autos unter männlicher (Un-)Kontrolle häufiger im Grünen, auch unübersichtliche Straßenabschnitte werden von dieser Gruppe häufiger für einen Überholvorgang benutzt. Frauen dagegen - so sprechen die Zahlen - haben ihre liebe Not mit ungeregelten Kreuzungen und der leidigen Vorfahrtsregel.

Auch während des Autofahrens laufen unbewusst Reflexe ab, ein großer Teil der Aktionen geschieht auf einer intuitiven Ebene. Man stelle sich nur einmal vor, in einem hochgezüchteten Sportwagen zu sitzen, sanft aus das Gaspedal zu tippen und von der Beschleunigung in den Sitz gedrückt zu werden. Das Ohr hört außerdem mit, wenn der Motor willig brüllt. Diese Reize werden an das Gehirn weitergeleitet und entsprechend interpretiert. Das Resultat kann unterschiedlich ausfallen: Freude oder auch Ehrfurcht. Adrenalin in einer guten Menge oder ein völliges Überlaufen des Fasses - die Menge macht das Nervengift.

In diversen verkehrspsychologischen Forschungen ist vom so genannten „Thrill” die Rede, einem Fahrstil, der Angst und Lust vereint. Zunehmende Geschwindigkeit steigert das Verlangen nach Risiko. Man wittert die Gefahr und versucht, die abgesteckten Grenzen zu sprengen, bis an sein Äußerstes zu gehen - ähnlich einem Rausch.

Ein weiteres Muster des Autofahrens, das bereits zuvor angesprochen wurde, hängt mit der Kraftentfaltung zusammen. Hier verorten Forscher den Wunsch eines Individuums, mächtiger und kräftiger als die Anderen zu sein. Überholen, Beschleunigen und knappes Auffahren zählen dazu und spiegeln recht unverkennbar ein Parallelbild zum „Way of Life” eines steinzeitlichen Rudelführers wider.

Auch ohne Höhlenbären im Rückspiegel oder Mammuts an der Stoßstange ist Adrenalin heute weiterhin ein ständiger Begleiter des modernen Menschen. Wir können also noch so auf’s Gaspedal treten - die Steinzeit lässt sich jedoch nicht abschütteln.

Autor: Mag. Oliver Rapouch

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